Sitzsysteme

Rollstuhlsitze zeichnen sich im Allgemeinen durch ihre unglaubliche Schlichtheit aus. Standardsitze auf Traktoren oder Baumaschinen sind, verglichen mit den extra für Menschen mit Behinderung „entwickelten“ Standardsitzen auf Rollstühlen, wahre Wunderwerke an Ergonomie und Komfort. Und diese Sitze sind nicht für Menschen mit Behinderung konstruiert!

Zum Glück gibt es bei allen Herstellern aufpreispflichtigen (!) Ersatz für die Standardsitze. Auch diese Sitze reichen meist nicht an die Qualität von Baumaschinensitzen heran, sind aber das kleinere Übel.

Im Folgenden stellen wir eine Übersicht der Sitztypen vor:

Standardsitz:

Diese Sitze bestehen meist aus einer Sitzplatte, auf die ein einfaches Schaumstoffkissen gelegt wird und einem Rücken mit Gurtbespannung. (wie bei Campingstühlen). Die Rückenlehne ist, wenn überhaupt, nur mit Werkzeug verstellbar. Das Gleiche gilt für den Sitzwinkel (Kantelung).

w Standard Platte

w Standard Polster

Komfort oder Ergo-Sitze

Auch diese Sitze haben als Unterkonstruktion meist eine Sitzplatte, auf die ein konturiertes Schaumstoffkissen aufgelegt wird. Die Rückenlehne besteht ebenfalls aus einer Trägerplatte, an die ein konturiertes Schaumstoffkissen geklettet wird.

w Sitzkonstruktion h250

w Sitzpolsterung h250

Die konturierten Polster bieten besseren Seitenhalt als die flachen Standardpolster und da sie meist auch dicker sind, absorbieren sie Stöße etwas besser, als die auf den Standardsitzen verwendeten Polster.

Die Rückenneigung und der Sitzwinkel (Kantelung) sind verstellbar, wenn auch meist nur mit Werkzeug. Es sei denn, man hat elektrische Verstelloptionen gewählt.

Spezialsitze

Einige Hersteller bieten Sitzsystem an, die man besonders gut auf die Erfordernisse ausgeprägter Behinderungsbilder anpassen kann.

w C500VS 339px

So lassen sich z. B. Sitz, Rücken und Beinstützen in eine waagerechte Position bringen, sodass man auf dem Sitz ausgestreckt liegen kann. Der Rollstuhl bleibt dabei fahrbar,

Manche Sitzsystem lassen sich in eine vertikale Position bringen, sodass man sich, an dem Sitz gesichert, in den Stand bringen kann. Das stärkt den Kreislauf und ermöglicht Unterhaltungen auf Augenhöhe.

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Ruecken vorne

Elektrische Verstelloptionen:

Die Hersteller bieten für Ihre Sitze diverse elektrische Verstellmöglichkeiten an.

Elektrisch verstellbare Rückenlehne

Hiermit kann die Neigung der Rückenlehne verstellt werden. Manche Hersteller bieten einen „mitlaufenden Rücken“ an, d. h. wird die Rückenlehne nach hinten verstellt, bewegt sich die Lehne gleichzeitig etwas in Richtung Schulter. So wird der Lageunterschied, der durch die unterschiedlichen Drehpunkte von Rückenlehne und Becken erzeugt wird, möglichst klein gehalten. Im Idealfall bleibt dann z. B. das Schulterblatt gegenüber der Rückenlehne immer an der gleichen Stelle. Ohne diesen Längenausgleich zieht es einem schon mal das Hemd aus der Hose, wenn man während der Veränderung der Rückenneigung fest an die Rückenlehne gelehnt bleibt.

Kantel unten

Der Längenausgleich ist deshalb besonders für Menschen interessant, die Probleme beim freien Sitzen haben und sich deshalb ständig anlehnen müssen.

Sitzkantelung

Unter Sitzkantelung versteht man die Änderung des Winkels der Sitzplatte. Dabei bleibt der Winkel zwischen Rückenlehne und Sitzfläche unverändert. In gekantelter Position sitzt man wie ein Astronaut in einer nach hinten geneigten Position. Das Körpergewicht wird auch mit dem Rücken auf den Sitz abgetragen und das Sitzfleisch entlastet. Dies dient der besseren Durchblutung und wirk Dekubitus Symptomen vor.

Das Fahren mit gekanteltem Sitz ist möglich. Bei starker Kantelung schaltet die Elektronik in einen Sicherheitsmodus, sodass der Rolli nur noch sehr langsam fährt.

Lift Unten

In Verbindung mit einer Kopfstütze eignet sich ein gekantelter Sitz auch zum Entspannen und z. B. für ein Mittagsschläfchen.

Sie kann auch als Aufstehhilfe zweckentfremdet werden. (Wenn man nach vorne auf die Sitzkante rutscht und dann den Sitz kantelt, hebt sich die Vorderkante des Sitzes um wenige cm hoch. Manchmal ist das genau die Hilfe, die man zum Aufstehen braucht.

Sitzlift

Besser geeignet als Aufstehhilfe ist ein Sitzlift, der den ganzen Sitz um ca. 20 cm (abhängig vom Fabrikat) hochfährt.

Außerdem ermöglicht ein Sitzlift das Erreichen höher liegender Gefilde, wie z. B. Fenstergriffe, die oberen Fächer eines Bücherregals oder den Cocktail an der Bar.

Bei hochgefahrenem Lift kann man den Rolli immer noch fahren, allerdings in einem Sicherheitsmodus, d. h., nur sehr langsam.

Fussstuetz unten

Fußstützen

Auch Fußstützen sind elektrisch verstellbar erhältlich.

 Alle diese elektrischen Verstellmöglichkeiten brauchen natürlich Strom und sind in der Regel sehr schwer. Das wirkt sich negativ auf die Reichweite des Rollis aus. .

 

Stütz- und Stabilisierungssysteme

Die Rollstuhlhersteller, aber auch Dritthersteller, bieten diverse Möglichkeiten an, die Sitze möglichst genau auf die Bedürfnisse der Nutzer anpassen zu können.

Schaumstoffformteile

Mit kleinen verschieden geformten Schaumstoff-„Klötzen“, die in die Sitz-, bzw. Rückenbezüge eingelegt werden, lassen sich standardisierte Schaumstoffpolster individuell anpassen.

Pelotten

Pelotten sind gepolsterte Stützelemente, die am Sitzrahmen befestigt werden und dafür Sorge tragen, dass eine möglichst schonende Sitzhaltung eingenommen und gehalten werden kann.

Man findet sie oft zur Abstützung der Waden, der Kniee oder auch zur seitlichen Fixierung des Oberkörpers.

Kopfstützen

Sonderform der Pelotten

Sitzschalen und andere Sonderformen

In besonderen Fällen ist es erforderlich, dass spezielle Sitzschalen individuell angefertigt werden müssen.