2.) Versorgungsformen

Fallpauschale, Pool oder Neukauf?

Liegt eine ärztliche Verordnung vor, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen i.d.R. die Kosten für die Rollstuhlversorgung. Dazu können verschieden Wege beschritten werden:

Möglichkeit 1: Fallpauschalversorgung

Sie haben keine besonderen Anforderungen an den Rollstuhl und können mit einer Standardvariante zurecht kommen.
Ihre Versorgung wird deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit über eine Fallpauschalregelung realisiert werden. Manche Krankenkasse bezeichnen diese Versorgungsart als „Versorgungspauschale“. Klingt feiner, ist aber das selbe.
Auf unsere Anfragen zum Thema „Fallpauschale“ schrieb uns der GKV-Spitzenverband:

„Fallpauschalenregelungen sind typischerweise dadurch gekennzeichnet, dass das Hilfsmittel im Eigentum des Leistungserbringers (Anmerk RC: Sanitätsfachhändler) verbleibt und dieser für die zeitweise Überlassung des Hilfsmittels an den Versicherten von der Krankenkasse eine bestimmte Pauschale erhält. Nach Ablauf der Laufzeit ist das Hilfsmittel vom Versicherten zurückzugeben oder (Anmerk RC: bei Verlängerung der Laufzeit-) eine weitere Pauschale zu bezahlen.“

Die Höhe der Fallpauschale beträgt für einen Standard-Elektrorollstuhl ohne weitere besondere Ausstattungen ca. 3000,- bis 3300,-€ für eine Laufzeit von i.d.R. 5 Jahren. In diesem Preis sind i.d.R. alle weiteren mit dem Verleih verbundenen Kosten enthalten. Dies sind insbesondere die Kosten für Beratung, Wartung, Reparaturen und Ersatzteile.

Bitte beachten Sie, dass unsere Angaben zu Höhe, Leistungsumfang und Laufzeit der Fallpauschalen abhängig sind von den Verträgen, die die Krankenkassen mit den Händlern machen. Diese Verträge können für identische Hilfsmittel und gleichen sonstigen Leistungen je nach Händler (Vertragspartner) unterschiedlich ausfallen.

Der Rollstuhl, bzw. das Hilfsmittel bleibt im Besitz des Händlers. Wie der Händler seinerseits an das Hilfsmittel kommt, ob über Ebay oder ob er den Rolli selbst neu kauft, spielt dabei keine Rolle.
Für Sie bedeutet das, dass Sie mit größter Wahrscheinlichkeit einen gebrauchten Rollstuhl bekommen. Sofern der Händler die Frage, ob der Rollstuhl Ihnen auch paßt, nicht von seinem Lagerbestand abhängig macht, ist dagegen auch nichts einzuwenden.Die Geräte sind gereinigt und überholt.

Hängepartie

Möglichkeit 2: Pool

Der von Ihnen benötigte Rollstuhl kann von dem Händler nicht zur Verfügung gestellt werden.
Hier prüft nun Ihre Krankenkasse, ob sie einen geeigneten Rollstuhl in ihrem „Pool“ hat. In den „Pools“ der Krankenkassen sammeln sich die von den Krankenkassen bezahlten und nicht mehr benötigten Hilfsmittel. (Rückläufer). So ein Pool kann ein zentrales Lager oder ein auf beliebig viele Händler verteiltes Lager sein. (Manchmal auch beides) Im 2. Fall bekommen die Händler für die Einlagerung der Hilfsmittel eine Vergütung.
Jede Krankenkasse bedient Sie nur aus Ihrem eigenen Pool. So kann es durchaus vorkommen, dass Ihr Händler einen geeigneten Rolli in seinem Lager hat, da dieser aber einer anderen KK gehört, kann dieser Rollstuhl i.d.R. nicht an Sie vermittelt werden. (Es kommt vor, dass Krankenkassen sich selten benötigte Hilfsmittel gegenseitig abkaufen)
Für Ihre Rollstuhlversorgung kann das bedeuten, dass für Sie aus der ganzen Republik Rollstühle zu Ihrem Händler speditiert werden, bis Sie einen passenden gefunden haben.

Möglichkeit 3: Neukauf

Ein passender Rolli ist auf den beiden oben beschriebenen Wegen nicht aufzutreiben.
In diesem Fall erstellt der Händler der Krankenkasse ein Angebot für den Kauf eines neuen, passenden Rollstuhls beim Hersteller. Akzeptiert die KK das Angebot, übernimmt sie die Kosten für den Kauf eines neuen Rollstuhls. Der Stuhl bleibt im Besitz der Krankenkasse und wird, wenn Sie ihn nicht mehr benötigen, dem Krankenkassen-Pool zugeführt.

Alternative: Mischfinanzierung

Es sind auch Mischformen der Finanzierung denkbar.
So ist es z.B. oft möglich, dass Sie die Zusatzkosten für Ausstattungsmerkmale, die nicht medizinisch notwendig sind, übernehmen können. Dazu müssen Sie sich mit Händler und Krankenkasse entsprechend abstimmen. Im Regelfall bleiben die von Ihnen bezahlten Ausstattungsmerkmale im Besitz des Händlers bzw. der Krankenkasse. Sollten Sie langfristig auf das Hilfsmittel angewiesen sein, können derartige Lösungen durchaus interessant sein.
Ein häufiges Beispiel für solch eine Mischfinanzierung sind die 10- bzw. 12km/h Versionen von Elektrorollstühlen. Sie gehören i.d.R. nicht zur Basisversorgung und müssen deshalb selbst bezahlt werden.
Beachten Sie unbedingt, dass die Preise die Ihnen genannt werden, meist die völlig überhöhten Hersteller-Listenpreise sind. Diese Preise sollten Sie keinesfalls bezahlen.
Wenn Sie die Möglichkeit haben sich an mehrere Händler zu wenden, lassen Sie sich Angebote machen, bevor Sie die Verordnung abgegeben haben.

Tipp:
Lassen Sie sich nicht in die Ecke des ewigen Nörglers drängen. Sie sind kein Bittsteller, sondern Vertragspartner Ihrer Krankenversicherung. Lassen Sie sich kein schlechtes Gewissen einreden und glauben Sie nicht, Sie seinen unverschämt, wenn Sie auch mit dem dritten Ihnen angebotene Rolli nicht zurecht kommen.
Auch wenn der Händler noch so freundlich ist oder noch so sehr die Augen verdreht, Ihr Rollstuhl muß Ihnen passen!

„Toleranzen können bei einem Hilfsmittel nicht akzeptiert werden. Es muss passend sein.“
Antwort der KKH-Allianz auf unsere Frage welche Toleranzen bei der Rollstuhlanpassung vom Kunden hinzunehmen sind.