Der Praktiker: John William

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John William ist ein britischer Tüftler und Techniker, der sich bis zu seinem Unfall, bei dem er sich eine Querschnittlähmung zuzog, mit dem Tuning von Autos und Motorrädern befasste. (Zu diesem Thema betreibt er eine eigene Website)

Als Nutzer von Elektrorollstühlen erkannte er schnell deren geringen Entwicklungsstand und begann seinen Rolli zu optimieren.

Im Laufe der Zeit durchlief sein Rollstuhl mehrere Entwicklungsphasen, bis sich John William entschloss der Sache grundlegend beizukommen und einen eigenen Rollstuhl konstruierte.
So entstanden in den letzten 13 Jahren 3 eigene Rollstuhltypen und ein Ende der Entwicklung ist nicht in Sicht. In jedes neue Modell flossen die Erfahrungen der Vorgänger mit ein und gleichzeitig stieß J. W. in immer grundlegendere Bereiche des Rollstuhlbaus vor.

Sein derzeit letzter Typ, der BM3, ist ein von der Stromversorgung über die Steuerelektronik bis zum Fahrwerk weitgehend neu entwickelter Rollstuhl. William demonstriert, wie man das konventionelle Rollstuhlkonzept durch Engagement und Geschick soweit optimieren kann, dass jeder handelsübliche „High Tech“ Rollstuhl dagegen wie ein Museumsstück aus längst vergangenen Zeiten wirkt.

Anders als bei handelsüblichen Rollstühlen, bedient sich William dabei zeitgemäßer Technik (Akkus, Elektronik, pannensichere Luft(!)-reifen). Dazu kommt größte handwerkliche Sorgfalt, gepaart mit hochwertigen Materialien. Auch das bei diesen Fahrzeugen eher die Ausnahme, denn die Regel.

Im Folgenden stelle ich die wesentlichen Elemente des BM3 vor. Eine ausführliche Darstellung aller Rollstuhleigenbauten inclusive Bauanleitungen zum BR3 gibt es auf www.wheelchairdriver.com

Unbedingt ansehen!

Batterie:

Das Herz eines jeden E-Rollis stellt die Stromversorgung dar. J. W. wählt für seinen Rolli einen 45V Lithium-Eisen-Phosphat-Akkumulator (LiFe-PO4)

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Diese Akkus sind eine Weiterentwicklung der Lithium-Ionen Akkus und haben folgende Vorteile:

    • hohe Energiedichte (bis 120Wh/kg),
    • kaum Selbstentladung,
    • sicher (keine Explosionsgefahr)
    • sehr hohe Ladeeffizienz,
    • hohe Temperaturfestigkeit,
    • hohe Zyklenzahl (mehr als 2000 sind möglich),
    • hochstromfest
    • sehr kurze Ladezeiten möglich

Die hohen Kosten für die Anschaffung relativieren sich durch die längere Lebensdauer. Während Blei-Gel Akkus nach ca. 500 Ladezyklen unbrauchbar werden, schaffen LiFe-PO4 Akkus ca. 2000 Ladezyklen (4x längere Lebensdauer). Bedenkt man dabei, dass wegen der sehr viel höheren Batteriekapazität, deutlich seltener geladen werden muss, stellen sich die Kosten ganz anders dar.

John Williams rechnet vor, dass seine Batterie etwa 16 Jahre halten wird, während Blei-Gel-Akkus nach ca. 1,5 Jahren auszutauschen sind.
Er geht dabei von einem Vielfahrer aus, der seine Gel-Akkus täglich laden muss. Bei 500 Ladezyklen, die Gel-Akkus schaffen, bedeutet das 500 Tage Lebensdauer. Seine LiFe-PO4 Akkus müssen jedoch bei gleicher Fahrleistung nur jeden 3. Tag geladen werden. Daraus ergibt sich eine Lebensdauer von 2000 Ladezyklen x 3 Tagen = 6000Tage= 16 Jahre!

Mehr zu diesen Batterien gibt es hier.

Steuerungselektronik

Ist die Batterie das Herz, so ist die Elektronik das Hirn des Rollstuhls. (Oh je, jetzt geht es wieder mit mir durch!...)

Ein großes Problem aller Rollstuhl- Steuerelektroniken liegt in den zu geringen Strömen, die diese den Motoren zur Verfügung stellen können. So bekommen die Motoren zu wenig „Saft“ und bleiben schnell an Hindernissen einfach stehen, weil die Überlastschutzsicherung fliegt. Auch für steile Rampen reicht die Kraft nicht aus, besonders, wenn der Nutzer nicht gerade eine 13jährige Ballerina ist.

Zudem sind die Konfigurationsparameter für den Nutzer nicht einstellbar, da die Hersteller dem Endverbraucher die dazu nötige Soft-bzw. Hardware grundsätzlich nicht ausliefern.

John William greift deshalb auf eine Steuerungselektronik aus dem Bereich der Industrietechnik zurück, die 2,5 x stärker ist, als die stärkste handelsübliche Rollstuhlsteuerung. Außerdem ist diese Steuerung mit kostenlos erhältlicher Software komplett konfigurierbar. Allerdings musste für die besonderen Belange von Rollstuhlsteuerungen eine extra Programmerweiterung geschrieben werden.

Auf seiner Website geht J. W. auf diese Punkte detailliert ein. Dort findet man auch eine Anleitung zum Einstellen der Programmparameter.)

Fahrwerk:

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J. W. hält gefederte Rollstuhlfahrwerke für völlig nutzlos, da sie so gut wie keine Federwirkung haben. Sinnvoller sei es, auf Ballonreifen zu setzen, da diese Schläge sehr gut absorbieren können.

Er verwendet deshalb Niederdruckreifen, wie sie bei Aufsitzrasenmähern oder Golfcarts verwendet werden.

Den Schwerpunkt des Rollstuhls hat W. weiter nach hinten verlegt, sodass weniger Gewicht auf den Lenkrädern lastet. In Verbindung mit den 45V-Batterien und der leistungsstarken Steuerelektronik, wird dadurch die Hindernisüberwindung deutlich vereinfacht. Sogar Wheelies sind möglich!

Trotz der breiten Reifen beträgt die Gesamtbreite des Rollis weniger als 66cm! Auch ist der Rolli mit weniger als 99cm (incl. Fußbrett) sehr kurz. Die kompakte Bauform, in Verbindung mit den großen Niederdruckreifen, verleiht dem Rolli ideale Fahreigenschaften sowohl im Innen- als auch im Außenbereich.

Weitere Kenndaten:

    • 25km/h schnell
    • 70km Praxis-Reichweite (nicht Prüfstand Reichweite!)
    • gut geeignet für Innenräume (schmal, kurz und wendig)
    • echtes Outdoor Eigenschaften (einsetzbar auch auf Sand und Schnee)
    • höheres Drehmoment und bessere Steuerung als jeder andere E-Rolli
    • sehr hohe Verarbeitungs- und Materialqualität
    • Schnelllademöglichkeit im Auto und zu Hause
    • schlauchlose, Kevlar verstärkte (pannensicher!) Niederdruckreifen, für sanftes Outdoor-Fahren und bodenschonendes Fahren indoor.

 Schade, dass ich so etwas nicht habe!